Start > Meine Radtouren > Schweiz-Tibet Übersicht

 

Zurück zur Übersicht...

 
Reiseberichte Photos Länder & Routen

 

Zentralasien

 
 

Zurück zu Reiseberichte

 

vorheriger Bericht

Am Fusse des Pamirs

nächster Bericht

29.03.2004 aus Dushanbe, Tadschikistan - 12'021km

Asalaam liebe Freunde!

Es regnete heftig als ich Samarkand verliess… aber da schlechte Dinge selten allein kommen… hatte ich gerade auch noch einen Platten am Hinterreifen. So musste ich schnell einen trockenen Ort finden, um den Schlauch austauschen zu koennen. Dann konnte ich endlich weiterfahren in Richtung des ersten Bergpasses suedlich von Samarkand. Ich radelte durch ein endloses Dorf, das sich den ganzen Weg hoch um Pass erstreckte auf 1790m. Es wurde dunkel und so nahm ich gerne die Einladung eines jungen Mannes an, der mich bei seiner Familie uebernachten lassen wollte. Ich wurde in ein riesiges Haus gefuehrt und wie ein Koenig bedient! Isomidin, der junge Mann, war ein wunderbarer Gastgeber und ich genoss eine weitere Nacht am Trockenen. Der Regen hoerte einfach nicht auf… Am naechsten Tag erreichte ich schnell den Pass. Dichter Nebel wurde von der anderen Seite hochgedrueckt und es regnete noch heftiger als zuvor. Ich fuehlte mich wie unter einer starken Dusche. Da war einfach Wasser ueberall. The Strasse verwandelte sich in einen kleinen Bergbach. Mit fast null Sicht fuhr ich langsam den Pass hinunter in die Ebene. Da wusste ich, was die ‘heftigen Regenfaelle’ im Fruehjahr zu bedeuten haben, die typisch fuer diese Region sind. Eine kurze Stunde Sonnenschein erinnerte mich daran, wie nett Radfahren eigentlich sein kann… dann begann es noch heftiger zu regnen Gegen Abend schob mit Muehe mein Rad ueber ein sumpfiges Feld in Richtung einer verlassenen Lehmhuette. Der Boden war einfach viel zu nass, um ein Zelt aufstellen vernuenftig aufstellen zu koennen. Endlich ein trockener Fleck! Es wurde kaelter und nach Sonnenuntergang wechselt der Regen zu Schneetreiben. Ich war schon im Schlafsack, als ich bemerkte, dass der Schnee meinen Schlafsack komplett zu benetzen begann… keine Chance, ich musste nochmals aufstehen und mein Zelt im Inneren der Huette aufstellen Die Dimensionen waren perfekt! Diagonal passte das Zelt auf den Zentimeter genau hinein. Endlich etwas Schlaf.

Am dritten Tag nach Samarkand wurde das Wetter besser und ich genoss wieder Sonnenschein. Dies erlaubte auch meinen Schuhen endlich wieder trocken zu werden. Auf der Strasse machte ich dann eine erstaunliche Begegnung. Ein Mann stieg aus seinem Auto und wollte einige Bilder von mir und dem Rad machen. Sein 12-jaehriger Sohn praesentierte dann seine Medallien… dieser war eine Art Junior-Karatemeister und war gerade aus den USA zurueckgekehrt. Dies geschah im Nirgendwo von Usbekistan Der Vater lud mich bei seinem Bruder zu uebernachten, eine gute Tagesfahrt Richtung tadschikische Grenze. Die Strasse verliess dann bald die Ebene und kletterte ueber viele kleine Huegel Richtung der letzten Bergkette vor Tadschikistan. Bei einem Uebernachtungsort befand ich mich gerade unterhalb der Flugroute der US Transportflugzeuge, die Afghanistan von einem usbekischen Militaerflughafen aus bedienen. Ich sah enorm viele Flugzeuge!

Die Region war wunderschoen, viele einsame Graslandschaften mit ein paar Schafherden. Die Leute waren tief erstaunt, wenn sie mich sahen nur eine Handvoll von Radfahrern waren je in dieser Gegend unterwegs. Kurz vor dem Hauptpass stoppte ein brandneuer Minibus vor mir und ein franzoesisches Ehepaar stieg aus. Diese suchten einen anderen Radfahrer der irgendwo in Usbekistan unterwegs sein sollte. Aber ich hatte keinen Radfahrer mehr gesehen seit Rumaenien im September letzten Jahres Das Paerchen arbeitet fuer die Europaeische Union in Dushanbe, Tadschikistan, so gaben mir die beiden ihre Adresse und Telefonnummer. Super einen Kontakt zu haben. Nach zwei aufeinanderfolgenenden Belaestigungen mit Registration der usbekischen Polizei (Was ist der Name des Fahrrads und was ist seine Registrierungsnummer?), konnte ich meinen Weg fortsetzen in Richtung des Dorfes, wo die Familie des Karatemeister wohnt. Ich musste 8km ueber sehr schlechter Strasse radeln voller Schlamm und Wasser, staendig fragend wo denn die Familie Turajev wohnen wuerde. Es war schon komplett dunkel als ich endlich beim richtigen Haus ankam. Ich wurde wie ein Familienmitglied empfangen. Yildish, der Onkel des Karatemeisters, kam angerannt und umarmte mich vor Freude, sobald er mich erkannt hatte. Ich verbrachte einen wunderbaren Abend mit fantastischem usbekischen Essen (Pilau, Reis mit Gemuese), viel Quatschen, Sputnik TV schauen (Satelliten-Empfaenger), den Now Ruz Vorbereitungen zuschauen (das islamische Neujahr am 21. Maerz) und natuerlich die obligaten Vodka Glaeser leeren (sogar die Frauen tranken freudig mit).
Am naechsten Morgen war das Wetter immer noch wunderbar. Dann begannen aber schon bald die Probleme. Zuerst musste ich die leicht verbogene Hinterradfelge wieder zentrieren (eine zu schnelle Abfahrt auf schlechter usbekischer Strasse ). Dann versagte ploetzlich mein Geschwindigkeitsmesser seinen Dienst keine Chance das Ding wieder zum laufen zu bringen. Ich versuchte eine moegliche Ursache nach der anderen auszuschliessen (Batteriewechsel, zerrissenes Kabel, zuviel Abstand zwischen Magnet und Sensor, verschiedene Positionen von letzterem). Ich brachte das Ding etwas zum laufen, aber nichts dauerhaftes. Es war mir ein Raetsel. Ich nahm an, dass der Magnet zu schwach wurde, ich hatte einen Ersatz dabei, doch dieser brachte auch keine Besserung. Der Geschwindigkeitsmesser ist wirklich ein extrem wichtiger Bestandteil. Natuerlich faehrt das Rad auch ohne, man hat aber keine Ahnung wie weit es noch bis zur naechsten Stadt, Grenze, Ort wo man Wasser kriegen kann, etc. ist.

Ich campierte irgendwo auf der Grasebene. Das Wetter wurde wieder schlechter und es begann in Stroemen zu regnen. Am naechsten Morgen fixierte ich den Sensor und den Magnet wieder irgendwie, nur um die Dinger nicht zu verlieren magischerweise funktionerte ploetzlich alles wieder bestens! Ich konnte mich einfach nicht erklaeren weshalb Der einzige Unterschied zu gestern schien mir der Regen zu sein so, was ist die Ursache, Sherlock Holmes ? Magnetismus sollte nicht durch Feuchtigkeit beeinflusst werden. Ein langer Downhill durch eine fantastisch erodierte Landschaft folgte. Die Strasse fuehrte hinunter zum Fluss, der bei Dushanbe/Tadschikistan seinen Ursprung hat, durch Usbekistan fliesst und dann in Afghanistan verschwindet (gerade 100km Richtung Sueden). In den Doerfern zog ich riesige Menschenmassen an. Einmal hatte ich fast 50 Leute, die einen grossen Kreis um mich und mein Rad bildeten. Einige Leute engagierten einen Fotografen, um die Begegnung fuer die Ewigkeit aufzuheben. Andere trommelten rasch ein paar Freunde mit Kamera zusammen, setzten sich in ihr Auto und begannen die Verfolgung, um auch noch ein Foto von mir schiessen zu koennen. Gerade noch 40km vor der Grenze zu Tadschikistan, machte ich ein letztes Camping. Aber als ich gerade am Aufstellen meines Zeltes bei stroemendem Regen war, sah mich ein Bauer und zwang mich bei einem Verwandten von ihm zu uebernachten. Er war entsetzt bei dem Gedanken bei diesem Wetter draussen uebernachten zu wollen Der Mann, der mich schliesslich zu sich nach Hause brachte, war ein sehr netter Familienvater. Er war fantastisch in Koerpersprache und so verbrachte ich eine sehr nette Zeit, obwohl ich kaum etwas in Usbek oder Russisch sagen konnte. Nach zwei Glaesern Vodka lud er mich zum Schachspielen ein. Der Alkohol hat eine ziemliche Wirkung auf mein Gehirn, besonders nach einem vollen Radtag ich war hoffnungslos verloren bei der ersten Partie. Aber ich hatte fast das dritte Spiel gewonnen, da mein Gehirn wieder leicht logischer zu arbeiten begann.

Am folgenden Tag raste ich die letzten km zur Grenze. Es war immer noch heftig am regnen. Grosse Ueberraschung, als ich am usbekischen Grenzposten auftauchte mit meinem Rad. Etwas Small-talk mit den Zoellnern keine Probleme. Auf der tadschikischen Seite wurde ich dann noch viel netter empfangen. Nach dem obligatorischen Stempel in meinem Pass und etwas Quatschen mit den Zoellnern, sahen diese mein voellig verdrecktes Rad (ich musste diese mehrere Male durch heftigen Schlamm schieben fuer die Zeltmoeglichkeiten). Dann konnte ich kaum glauben, was geschah: Einige Grenzsoldaten und angestellten begannen bei stroemendem Regen mein Rad zu putzen Am Ende kam der Zollchef vorbei und inspizierte das Rad, er sah noch Dreck an meinen Taschen und ordnete eine bessere Reinigung an Dann konnte ich noch eine Foto machen mit dem Rad und den netten Helfern. Nur durfte die Anschrift am Zollgebaeude nicht sichtbar sein, da es strikt verboten es militaerische Anlagen zu fotografieren Der Zollchef lud mich nach getaner Arbeit zum Mittagessen im Keller des Zollgebaeudes ein. Was fuer eine Ankunft in Tadschikistan!

Ich raste dann Richtung Dushanbe weiter, da es schon spaet wurde. Eine TV Crew wollte mich bei stroemendem Regen interviewen, aber mein Tajik war nicht gut genug und so brachen diese den Versuch ab Angekommen in Dushanbe wurde ich rasch zum billigsten Hotel gebracht (nicht wirklich billig! – 10 USD). Ein Mann, der sich als einer der Bodyguards des Staatspraesidenten vorstellte, verhandelte den Preis fuer mich am Hotelempfang, da normalerweise Auslaendern kein billiges Zimmer angeboten wird. Voller positiver Eindruecke von Tadschikistan schlief ich ein in der ersten Nacht im neuen Land. All diese Horrorgeschichten ueber das Land scheinen meist falsch oder ziemlich alt zu sein. Es gibt immer noch einige Regionen, wo es brutal gefaehrlich ist einfach so hinzugehen, doch der groesste Teil ist stabil und relativ stabil. Die Nervositaet einiger erklaert sich vielleicht damit, dass der letzte Radfahrer, der im Land war (2002) von Banditen/Drogenschmugglern erschossen wurde. Aber dies geschah in der instabilsten Region des Landes. Kein Zwang dorthin zu gehen…
Dank Albert und Nathalie, das franzoesische Paerchen, das ich in Usbekistan getroffen hatte, kam ich in Kontakt mit Fernand. Dieser ist Schweizer und Verantwortlicher fuer die Europaeische Bank fuer Wiederaufbau und Entwicklungshilfe. Fernand hat einige einflussreiche Freunde, die mir halfen sehr rasch mein 2-Wochen Visa (eigentlich nur ein 1-Wochen Visa) um einen ganzen Monat zu verlaengern und dazu noch die Bewilligung zu kriegen fuer die Gorno-Badakhshan Region. Sehr effiziente Handhabung! Andernfalls haette dies eine lange Zeit gedauert, um dies alles zu erledigen…

m letzten Wochenende habe ich aus dem Hotel ausgecheckt und bin Richtung Anzob Pass hochgeradelt, da ich mich sehr langweilte in der Stadt. Eigentlich ist der Pass auf 3250m noch gesperrt, so hat das Militaer den Zugang schon auf 1600m abgeriegelt. Eine Viertelstunde Verhandlung mit einem Beamten brachte dann Erfolg und ich hatte eine Spezialbewilligung um zu passieren (‘Nein, ich habe keine Angst vor Woelfen; Nein, es ist nicht das erste Mal, dass ich irgendwo alleine zelte; Nein, ich habe sieben Monate allein geradelt, so werde ich auch hier keine Probleme haben; … ) Ich machte wunderbares Camping in einer verlassenen Bergschlucht auf 1830m (die Strasse auf den Pass war ja noch gesperrt). Dann am folgenden Tag radelte ich rauf auf 2300m, wo riesige Erdrutsche die Strasse weggespuelt hatten der Schnee wurde auch immer haeufiger. Ich liess mein Rad zurueck und lief noch auf 2500m hoch. Ich fuehlte mich sehr gluecklich! Eine fantastische Sicht auf die 4000er Bergwelt rundherum, wunderbares Wetter und frische Luft! Das Rad und ich selbst waren voller Schlamm nach der Abfahrt durch die Bergbaeche und Schneefelder auf der Strasse. Ich liebte es! Die Handvoll von Leuten, die in der Naehe wohnten konnten echt nicht verstehen, was ich gerade am tun war… zuerst hochradeln in Richtung eines geschlossenen Passes und dann voellig verdreckt wieder runter kommen.

In den kommenden Wochen werde ich versuchen die wilde und hohe tadschikische Pamirregion zu durchradeln, die das ‘Dach der Welt’ genannt wird. Ich freue mich definitiv darauf!!!

Bis bald & liebe Gruesse,
Daniel

PS: Der Radcomputer funktionierte wieder nicht, als ich Dushanbe fuer den kurzen Ausflug verliess… Ich versuchte wieder die verschiedensten Position des Sensors. Irgendwie bewegte ich auch das Kabel und sah, dass dieses durch einen Befestigungsring aufgerieben wurde… das Regenwetter erlaubte etwas elektrischen Kontakt, aber bei trockenem Wetter funktionierte dieses nicht. Problem geloest, Watson!

 

vorheriger Bericht

 

nächster Bericht