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Himmel und Hölle im Iran

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4.01.2004 aus Teheran, Iran - 7293km

Salaam!

Der Abschied von Baku fiel mir nicht gerade leicht. Rashad hat sich super um mich gekuemmert und wir schlenderten viele Stunden durch die Stadt. Bahar, eine Arbeitskollegin von ihm, begleitete uns. Wir hatten einigen Spass miteinander! Rashad spielte den perfekten Touristenfuehrer und zeigte mir die Altstadt von Baku, die Meerpromenade und die Gedenkstaette fuer die Opfer des Aufstandes gegen die Sowjetmacht 1990 und des Krieges mit Armenien. Natuerlich fehlte auch eine Fahrt mit der nostalgischen U-Bahn nicht. Die Rollentreppen zu den Bahnsteigen sind wohl die schnellsten auf der Welt, das erste Male verlor ich fast das Gleichgewicht. Nachdem ich noch mit Geschenken und guten Wuenschen ueberhaeuft wurde verabschiedete ich mich von Rashad und Bahar. Hoffentlich treffe ich die beiden mal wieder! Das Radnomadenleben begann wieder fuer mich.

Meinem Ziel Iran brachte mich kraeftiger Rueckenwind naeher. An einem Tag flog mein Rad nur so ueber die Ebene: 35 km/h im Schnitt. Wie bei einem Segelschiff, haengt beim Radfahren eben auch fast alles vom Wind ab. Ein vollbeladenes Rad bietet ein perfektes Segel... bei heftigem Gegenwind geht aber dafuer fast nicht mehr. Aserbaidschan zwei Gesichter: Baku und der Rest. Baku sieht viel von den Oeldollars, der Rest fast nichts. So sind die Strassen loechrig, Staedte lieblos am Verfallen. Die Wasserversorgung erreicht bei weitem nicht jedes Dorf.

In Lenkeran, kurz vor der iranische Grenze, lud mich ein aelterer Herr zum Tee ein. Zu uns gesellten sich aber rasch noch der Polizeichef der Stadt und ein aelterer Herr, dem es sicherlich nicht gerade schlecht geht. Irgendwie fand die Runde meine Reise etwas 'verdaechtig', jedenfalls wollte der Polizeichef meinen Pass sehen... Minituoes schaut er sich diesen dann an. Auf ein Papierchen begann er dann die Details abzuschreiben. Er schien echt keine Ahnung zu haben, was er gerade am Machen war. Jedenfalls nahm er sich die Muehe 'Schweiz' in den vier Landsprachen plus Englisch zu notieren. Ich konnte das Lachen gerade noch unterdruecken. Dem Polizisten schien es aber ernst zu sein: 'Lenkeran' sei ja gar nicht im Touristenvisum erwaehnt...? Ob ich mich denn schon registiert haette bei der Stadtverwaltung...? Zum Glueck hoerte der Bloedsinn bald auf, schliesslich wollte ich ja nur Brot und Biscuits kaufen in der Stadt. Die letzte Prise Sowjetbuerokratie erlebte ich an der Grenze bei der Ausreise. Die aserbaidschanische Grenzwaechter meinten ploetzlich, dass mein Visum nicht gueltig sei. Sie waren sich aber nicht ganz einig und so entbrannte in heftiger Streit in ihrem kleinen Buero. In einem Moment glaubte ich einschreiten zu muessen... sie geritten sich fast in die Haare Am Ende war aber alles klar und der Ausreisestempel war in meinem Pass. Ich haette die naechsten 48h im Sitzstreik vor ihrem Buero verbracht andernfalls, ich hatte echt die Nase voll von dieser Buerokratie.

Die Einreise in den Iran war voellig problemlos... 10 min und alles war erledigt. Auch mein Gepaeck wurde nicht durchsucht, so hatte ich die Travellercheques vergebens in meinen Unterhosen versteckt (ich haette nicht so viel Geld zollfrei einfuehren duerfen). Iran hat also gut begonnen. Dazu kamen wunderbar glatte Strassen! Mein Fahrrad rollte nun wieder lautlos ueber den Asphalt. Die Strecke am Kaspischen Meer entlang war aber eher eintoenig. Ueberall standen Haeuser, Zaeune, etc. Ich hatte echt Muehe einen Platz fuer mein Zelt zu finden. Am 24. Dezember bin ich dann in Rasht, der groessten Stadt in der Region, angekommen. Ich musste dringend Geld wechseln, da meine paar Rials bald aufgebraucht waren. Die wenigen Banken, die aber Geld wechseln waren fuer den Nachmittag geschlossen. Zum Glueck fand ich ein billiges Hotel, wo ich gerade noch ein Zimmer bezahlen konnte. Es blieb mir noch ein knapper Dollar in Rials fuer das Weihnachtsessen: Es schmeckte Am naechsten Morgen duerfte ich dann staunend ansehen, wie in Iran Geld gewechselt wird. Vier Formulare werden gefuellt mit Stempeln, Notizen, Zahlen und Unterschriften. Dazu musste ich auf der leeren Rueckseite dreimal (!) nacheinander unterschreiben. Ich war beeindruckt Mit zwei dicken Buendeln Rials bin ich dann nach einer halben Stunde wieder aus der Bank herausgekommen.

Gegen Abend fand ich einfach keinen guten Ort, um mein Zelt aufzustellen. Ich glaubte aber immer schon noch etwas zu finden. Schliesslich wurde es dunkel und ich war ziemlich muede. Ich fand einen, wie ich glaubte, einsamen Feldweg und stellte mein Zelt daneben auf. Doch dann kamen ploetzlich einige Motorraeder und immer wieder Autos vorbei... Eigentlich haette ich da besser mein Zelt zusammengepackt und waere zum naechsten Haus geradelt, um zu fragen, ob ich das Zelt im Garten aufstellen koennte. Irgendwie ueberkam mich die Muedigkeit... gegen zehn Uhr rufte mir ploetzlich jemand zu. Er wollte wissen woher ich komme und ob ich alleine sei. Da wurde mir etwas ungemuetlich. Ich war aber todmuede und hoffte, dass schon nichts geschehen wuerde in der Nacht. Um Mitternacht kamen dann drei Maenner zwischen 20 und 30 zu meinem Zelt und 'wollten', dass ich mit ihnen plaudere. Mir war nicht ganz klar, was ihre Absichten sind. Doch drehte sich immer wieder alles darum wieviel Geld ich dabei haette. Reflexartig antworte ich bei solchen Fragen nie mit der Wahrheit: Keine Dollars, aber etwas Rials. Bald sah ich, dass einer der drei eine Machete unter der Jacke hervor gezogen hat. Dieser bestand nun eindeutig auf Geld von mir. Als ich sah, dass die Lage aussichtslos fuer mich sei, willigte ich ein und kroch ins Zelt. Mein letzter Versuch ungeschoren davon zu kommen, war mein Kleingeldbeutel. Ich reichte diesen den drei. Gierig begannen diese den Inhalt sich anzuschauen. Bald kam aber Misstrauen auf.

Ich antwortete schnell, dass ich erst wieder in Teheran Geld bekaeme und dass das, was ich haette bis dorthin reichen muesse (klar gelogen natuerlich). Die drei schienen aber damit zufrieden zu sein. Sie zogen eine 5000 Rialnote heraus (etwa 50 US Cent) und machten sich schnell davon. Ich bekam einen Anfall von Schuettelfrost und mein Herz begann zu rasen. Zuvor war ich aber erstaunlich ruhig und ueberlegt. Ich packte schnell mein Zelt zusammen und fuhr los. Es war eine sehr lange Nacht auf dem Rad und ich stoppte erst 140 km spaeter. Dies liess mir Zeit die Ereignisse zu verarbeiten. In Chalus suchte ich ein Hotel und holte den verpassten Schlaf nach. Ein Alptraum wurde war fuer mich... mitten in der Dunkelheit ueberfallen zu werden... zum Glueck kam ich aber unbeschadet davon. Nun werde ich sicherlich noch vorsichtiger sein!

Bald fuehrte meine Route von der Kueste weg Richtung Alborz-Gebirge. Dieses trennt das Kaspische Meer vom Wuestenplateau Irans. Von -28 m an der Kueste fuehrte die Strasse ueber 120 km auf 2750 m hoch. Bei der Fahrt hatte ich ein Treffen mit Kuh-e Damavand, dem hoechste Berg Irans. Ich war ueberwaeltigt, vom Talgrund auf 1600m lag die Sicht ploetzlich frei auf den Gipfel auf 5601m. Ein wunderschoener Berg! Es hat mich unglaublich gereizt hochzusteigen Doch meine Vernunft sagte mir, dass die -10 Grad in der Nacht auf 2000m ein deutliches Warnzeichen ist, dazu war das Wetter gerade Ende Jahr am unstabilsten. Ich fuhr mit dem Rad einen Abstecher auf 2300m, um den Berg etwas naeher anschauen zu koennen. Auch fand ich so einen super Platz zum Zelten: Einen natuerlich Balkon hoch ueber dem Talgrund. Der Blick war frei ueber die wunderschoenen Berge und natuerlich auf Damavand, an dessen Fuss ich mich befand. Das Wetter war gerade fantastisch schoen, der Himmel stahlblau. Ich empfand an diesem Ort dieses so seltene Gefuehl von ueberwaeltigender Freiheit und Glueck. Die Bergwelt mit ihrer eisig-klaren Luft hat mich in ihren Bann gezogen... ich konnte Tibet 'riechen'.

Seit ein paar Tagen bin ich nun im Verkehrsgewuehl von Teheran. Die Fahrt in die Megastadt war aber eigentlich gar nicht so schlimm, wie ich mir das Ganze ausgemalt habe. Die Bulgaren, Istanbuli usw. waren da wohl eine gute Vorbereitung Ich verbrachte die letzten Tagen mit Herumschlendern und Schlemmen. Ich besuchte auch das fantastische Nationalmuseum. Eine sehr nette Museumswaerterin nahm sich einige Zeit mir die verschiedenen Objekte zu erklaeren. Vieles war sehr beeindruckend und machte deutlich, dass das alte Persien zu den Wiegen der Zivilisation gehoerte. Uebrigens wurde Persepolis (eine Palastanlage im Iran) nicht von Alexander dem Grossen niedergebrannt. Die Waerterin machte mir klar, dass sie nichts 'Grosses' an seinen Taten finden kann. Sie nannte den Feldherr schlicht Alexander, den Mazedonier Soviel zu einer persischen Sicht auf die Geschichte. Auch tummelte ich mich im riesigen Bazar von Teheran... ein unvorstellbares Gewimmel. Ich verbrachte zwei Stunden mit Herumlaufen und verirrte mich komplett. Ich bin sicher, dass ich nicht annaehernd einen Zehntel gesehen habe

Nun geht die Fahrt weiter nach Esfahan. Die iranische Wueste erwartet mich.

Khoda hafez!
Daniel

 

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