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16.12.2003 aus Baku, Aserbaidschan - 6252km |
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Salaam! Ich blieb noch zwei Tage laenger in Tiflis als zuerst geplant… ich hatte mir mit grosser Sicherheit Giardia eingefangen. Ploetzlich wurde mir klar, wo ich wohl verseuchtes Wasser erwischt habe und dann die fuer einmal recht typischen Symptome. Der Durchfall war schon ziemlich heftig… Mein Visum fuer Georgien war am ablaufen und so entschied ich mich gleich eine Therapie zu beginnen. Ich hatte ja Metronidazol eh schon in meiner Apotheke. Wenig spaeter konnte ich noch eine Stuhluntersuchung machen lassen in Tiflis, das Resultat war schon negativ. So war ich auch sicher, dass nicht noch irgendwelche unerwuenschten Bakterien meinen Darm bevoelkerten Geschwaecht vom Durchfall und Medikament bin ich Richtung aserbaidschanische Grenze losgeradelt. Die Aserbaidschani haben so viel gemeinsam mit den Tuerken: die spontane Gastfreundschaft, die vielen Cays, die lauthals rufenden Kinder am Strassenrand, … Die Landschaft wechselte von der Huegellandschaft von Georgien zu den weiten Ebenen in Aserbaidschan. Im Norden sah ich die hohen Schneeberge des Kaukasus und im Sueden das Gebirge rund um Ngorno-Kharabach, wo immer noch ein ungeloester Konflikt mit Armenien schwelt. Die Strasse war zwar geteert, doch ich wurde meist heftig durchgeruettelt. Ueber Jahrzehnte wurde ein beachtlicher Flickenteppich angelegt. Es wurde fast zur taeglichen Routine in einem Strassencafe zu einem Cay eingeladen zu werden. Hier in Aserbaidschan wird immer ein kleiner Teekrug serviert, den man sich dann teilt. Zuckerstueckchen werden uebrigens nicht aufgeloest sondern zwischen den Zaehnen gehalten waehrend des Trinkens… mitleidig wurde mir meist ein kleiner Loeffel gebracht. Ich schaffte es einfach nicht das Zuckerstueck vernuenftig lange im Mund zu halten Bei einem der Cays wollte mir der junge Kellner ploetzlich etwas unbedingt hinter der Baracke zeigen. Raetselnd folgte ich ihm. Dann daemmerte mir langsam, was er mir ‘anbieten’ wollte. Zum Teehaus gehoert gleich noch ein kleines Bordell, wohl vorallem fuer die Lastwagenfahrer… Zum grossen Erstaunen konnte ich nichts mit seinem Angebot anfangen. Zurueck beim Cay staunten dann auch noch drei ukrainische Fahrer, dass ich weder Alkohol, Zigaretten, harten Drogen noch Prostituierten viel abgewinnen konnte. Ich fuehlte mich fast wie ein Pfarrer. Waehrend meiner Fahrt durch Aserbaidschan kam die Nachricht, dass der ehemalige Staatspraesident Heydar Aliev gestorben sei. Aliev regierte Aserbaidschan waehrend dreissig Jahren mit einem Unterbruch. Die Regierung hat einen wahren Heldenkult um Aliev aufgebaut: Parks, Universitaeten und Strassen sind nach ihm benannt. Kaum ein Laden kann es sich leisten auf den Aushang von Plakaten von Aliev zu verzichten. Letzten Oktober entschied sich Aliev, dass sein Sohn doch naechster Praesident werden sollte… und so war dann auch das Resultat der Wahlen. Auf den weiten Ebenen von Aserbaidschan fand ich meist keinen Platz zum Zelten, ohne dass man mich sehen konnte. So hatte ich zweimal am Morgen ein Kommen-und-Gehen von Herdentreibern, die aeusserst neugierig waren! Meist blieben diese waehrend einer Stunde vor meinem Zelteingang sitzen am Morgen und staunten nur. So liebe Radler, wenn ihr durch Aserbaidschan faehrt in Zukunft und euch Bauern genau erklaeren koennen wie man ein Zelt zusammenbaut oder ein Fahrrad bepackt, dann habt ihr hier wohl die Erklaerung. Bei meiner Fahrt nach Baku fuhr ich entlang der Erdoelfoerdergebiete. Das Oel scheint nur so aus dem Boden zu sprudeln. Jedenfalls ist die Landschaft uebersaet mit Bohrtuermen und Oel-, Gas- und Wasserpipelines fuehren in wildem Zickzack quer durch die Landschaft. Kurz vor Baku ueberraschte mich aber, dass fast kein Auto auf der Strasse zu sehen. Ich befand mich aber auf der Hauptzugangsstrasse Richtung Hauptstadt… seltsam. Kurz vor dem Stadtzentrum, dann eine Strassenblockade: zwei Lastwagen wurden quer auf die Strasse gestellt. Bald wurde mir erklaert, dass gerade an diesem Tag das Staatsbegraebnis von Heydar Aliev stattfinden wuerde. Die ganze Innenstadt war frei von Autos und alle Geschaefte waren geschlossen. Schiebend naeherte ich mich so dem Zentrum. Die Atmosphaere war gespenstisch: Riesige Strassen doch nicht ein einziges Auto. Das einzige Geraeusch, das ich vernahm waren die Fusstritte auf dem Asphalt der unzaehligen Menschen. Niemand schien zu reden. Die Hauptstrasse wurde beiderseits mit zehntausenden von Rosen ausgelegt. Die Nationalgarde stand stramm an den Strassenraendern. Als ich so auf die Zeremonie wartete, sprach mich Rashad, ein Englisch-Student, an. Der Tod von Aliev ging ihm sehr nahe. Er bot sich sofort an mir zu helfen, er wollte unbedingt, dass ich gut versorgt sei hier in Baku. So zeigte er mir kurz die das Stadtzentrum und dann begleitete er mich zu einem billigen Hotel. Im Hotelzimmer erzaehlte er mir dann noch lange von der juengsten Geschichte von seinem Land, vom Krieg mit Armenien anfangs der 90er Jahre, vom seinem Vater, der eine Miliz gegruendet hat um zu kaempfen, von den Grausamkeiten, die begannen wurden und schliesslich natuerlich auch von seinem Staatshelden Heydar Aliev. Heute abend gehe ich dann noch auf einen zweiten Stadtrundgang mit Rashad. Nach Baku fuehrt meine Route entlang des Kaspischen Meeres Richtung Iran. Ich habe soeben von der Entfuehrung der Tourenradler im Suedosten Irans gelesen und werde meine Route im Iran nochmals ueberdenken. Eigentlich hatte ich vor in ein paar Wochen genau dort durchzufahren, wo die Entfuehrung stattfand. Liebe Radlergruesse, |
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