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20.11.2003 aus Erzincan, Türkei - 4756km |
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Salam aleikum! Ploetzlich hoerte ich wie das weisse Auto, das mich gerade gekreuzt hatte, den Rueckwaertsgang eingelegt hatte und in hohem Tempo sich wieder mir naeherte. Zuerst denke ich mir nichts dabei, aber als das Auto schliesslich wieder vor mir steht sah ich das Entsetzem im Gesicht des Fahrers. Heftig gestikulierend stieg er aus und lief auf mich zu. Ich sollte sofort kehrt machen. Ich sei doch lebensmuede bei diesem Wetter alleine draussen zu sein. In einer Stunde sei es dunkel und ich koenne niemals das naechste Dorf erreichen (ca. 25km entfernt)... Wenn ich schon nicht auf ihn hoeren wolle, dann solle ich doch wenigstens mit ihm mitkommen und bei ihm uebernachten. Am Tag danach koenne das Wetter ja besser sein... Ich schaffte es nicht im geringsten den Fahrer zu beruhigen. Weiterhin mein sicheres Unheil vor Augen stieg er wieder in seinen Wagen und brauste nach Hause... Dies fand zweiten Tag vom Wintereinbruch und tiefen Temperaturen statt. Ich radelte in heftigem Schneetreiben. Nun aber der Reihe nach... Bei meinem Start in Ankara war das Wetter noch sonnig warm. Ich fuhr ohne Visa von Turkmenistan los. Ich wartete zwei Wochen darauf und am Ende meinte der Botschaftsangestellte, dass mein Touristenvisa "closed" sei. Dies sollte wohl "abgelehnt" heissen. Er wuerde es aber einfach nochmals versuchen, diesmal halt ein Transitvisa und nur fuer fuenf Tage. Solch ein Visa haette mir natuerlich von anfang an gerreicht aber eben... das Ganze muss nochmals nach Asghabat (Turkmenistan) gefaxt werden. Wartezeit: nochmals gut 10 Tage. So fuhr ich eben etwas genervt weg von Ankara, ich muesste so von irgendwo nach zwei Wochen mein Rad stehen lassen und per Bus zurueck nach Ankara fahren fuer das letzte Visa. Ich entschied mich einen laengeren Umweg nach Suedosten zu fahren. Das erste Ziel war Kappadockia in der Naehe von Kayseri. In den Sommermonaten soll es hier nur so von Touristen wimmeln. Anfangs November hatte ich die Attraktionen meist fuer mich ganz alleine. Kappadockia ist eine vulkanische Gegend. Das sehr weiche Gestein erlaubte so den Bau von ganzen Staedten. Die natuerlichen Zinnen, Schluchten und Felskloetze wurden so ueber Jahrtausende zu atemberaubenden Kirchen, Hallen, Wohnhaeusern, Staellen und schlussendlich auch Moscheen gemeisselt. Auf dem Zeltplatz von Goereme traf ich auf Sophie und Jerome. Diese beiden sind seit 2001 auf Weltreise mit Scootern (schaut selbst http://www.ifrance.com/globe-reporters). So genoss ich sehr sympathische Gesellschaft waehrend der paar Tagen in Kappadockia. Gute Weiterreise euch beiden! Beim Abschied fing es gerade an zu regnen. Auf einem kleineren Pass wechselte der Regen dann zu Schnee ueber... der erste auf dieser Radtour! Ich machte mir aber weiterhin keine Sorgen, da bei der Abfahrt das uebliche Nass wieder ueberhand nahm. Leider wurde das wild zelteln zu einer grossen Schlammschlacht. Ich befand mich in einer grossen Ebene und so ich sah gab es keine vernuenftige Anhoehe. Als ich endlich das Zelt wind- und schneesicher aufgebaut hatte, konnte ich mich endlich ans Trockene verkriechen. Es schneite dann die ganze Nacht durch und es bildete sich eine ganz schoene Schicht auf dem Zeltdach. Der folgende Tag brachte dann nochmals den ganzen Tag heftigen Schneefall. Die Temperaturen sind nun deutlich gesunken. Es wurde den ganzen Tag wohl nie ueber 0 Grad Celsius. Bei der Fahrt gefror mir dann tatsaechlich der hintere Wechsler ein. Zum Glueck wurden nur die grossen Gaenge unbrauchbar... Die Menschen, die mich dick eingepackt in die Winterausruestung sahen, schauten nur unglaeubig drein. Nicht im Geringsten konnte jemand verstehen, warum ich bei diesem Wetter unterwegs sei... und vorallem mit einem Fahrrad! Was die Leute vorallem fuerchteten waren die eisigen Naechte, aber das war mit meinem Schlafsack kein Problem. Nur das Ein- und Austeigen war muehsam. In den folgenden Tagen fuhr ich weiterhin dick eingehuellt, das Wetter besserte aber zunehmend. Die Route ging von Kappadockia ueber Nebenstrassen immer Richtung Nordosten (staendig zwischen 1100m und 2000m, deswegen war es wohl auch so kalt). Nach Pinarbasi entschied ich mich eine Abkuerzung zu nehmen und etwa 70km Feldwege standen mir bevor. Beim ersten Doerfchen ging dann die Suche nach dem richtigen Straesschen los. Gerade als ich mit der Karte zu werkeln begann, kam ein Soldat der Jandarma (eine Art Militaerpolizei) angerannt. Er sagte mir, dass ich doch zu seinem Kommandaten kommen soll. Dann ging alles sehr schnell: Ich soll doch das Rad kurz in den Militaerjeep aufladen, so koenne ich in der Schule nebenan mich etwas aufwaermen. Im Lehrerzimmer wurde ich so den Lehrkraeften vorgestellt. Die Stimmung war sehr heiter und der Rektor bot mir an, sein Auto gegen mein Rad zu tauschen. Dies loeste sofort Protest vom Soziologielehrer aus, der eigentlich seinen Esel gegen mein Drahtesel tauschen wollte... Eine sehr suesse Englischlehrerin half mir mit der Uebersetzung, sie war aber hilflos ueberfordert, da meist fuenf Leute gleichzeitig auf mich einredeten Draussen wurde mein Rad uebrigens von zwei Militaerpolizisten mit Maschinengewehren bewacht, da musste ich mir nun wirklich keine Sorge, um einen Diebstahl machen. An Stelle von Weiterfahrt bestand der Kommandant darauf, dass ich zu
seinem Posten mitkomme und dort uebernachte. So fuhren wir 15km von
meiner Route weg und ich durfte im Buero des Chefs Platz nehmen. Alles
ging mit militaerischer Disziplin von statten und ich wurde fuerstlich
bedient. Uebernachten konnte ich dann gemeinsam im Zimmer vom sehr sympathischen
Erkul, einem Unteroffizier. Wir brauchten eifrig den Zwei-Weg Dictionnaire
Tuerkisch-Englisch, den ich dabei hatte. Gute 150km spaeter erreichte ich tief unten in einer Schlucht den Firat Nehri (den Euphrat). In einer wunderschoenen Gegend erreiche ich so nach vielen tausend Hoehenmetern mehr Erzincan. In Erzincan wollte ich unbedingt mein Rad stehen lassen, um in Ankara das Visa fuer Turkmenistan abzuholen. Manchmal kann ich es kaum fassen, wie mir geschieht... Im Stadtzentrum von Erzincan wechselte ich zuerst die Regenhosen mit normalen Hosen, per Zufall befand ich mich gerade vor dem Coiffeursalon von Ayhan. Er winkte mich herein und ich schon bald ging ein Wirbelwind los. Ayhan und ein Kollege von ihm begleiten mich zu einer Adresse, die eigentlich die Touristeninformation sein sollte... es war aber das Kulturministerium... wenigstens konnte jemand Englisch. Ich erklaerte, dass ich eigentlich nur mein Fahrrad irgendwo stehen lassen moechte fuer zwei Tage und dass ich ein Busticket nach Ankara braeuchte. Sofort kam jemand vom Kulturministerium mit mir mit (Ayhan und sein Kollege natuerlich auch). Wir holten das Rad beim Coiffeursalon ab und deponierten es im Kulturministerium, telefonisch wurde mir schon ein Billet fuer einen Bus nach Ankara reserviert. Ayhan begleite mich zur Busstation, um das Billet in Empfang zu nehmen. Dann lud mich Ayhan auch noch in seine Familie zum Nachtessen ein. Bevor der Bus losfuhr bekam ich noch einen Haarschnitt und eine Rasur umsonst! Ich war voellig ueberwaeltigt. Innerhalb von vier Stunden waren alle meine Probleme geloest und ich befand mich in einem Nachtbus Richtung Ankara, 700km Richtung Westen. In Ankara bekam ich uebrigens prompt mein Visa fuer Turkmenistan und am gleichen Tag nahm ich einen Nachtbus zurueck nach Erzincan. Die naechsten Tage fuehren mich dann hoch nach Erzurum zurueck in den Schnee und dann runter Richtung Georgien. Hoffentlich beruhigt sich dort die Lage! Liebe Gruesse, |
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